Marokko

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Ein wichtiger Teil der Arbeiterklasse – die Textilarbeiterinnen

In Marokko leben 17,9 Millionen Frauen, das ist die Hälfte der marokkanischen Bevölkerung (50,3 Prozent). 13,4 Millionen davon sind mindestens 15 Jahre alt. Ab 15 Jahren gilt man in Marokko offiziell als erwerbsfähig.

Von nek
Ein wichtiger Teil der Arbeiterklasse – die Textilarbeiterinnen
Marokkanische Textilarbeiterin (foto: gemeinfrei)

Doch die offizielle Erwerbsquote der Frauen liegt bei etwa 22 Prozent, im Unterschied zu Männern mit 71 Prozent. Aufgrund der wenigen Frauenarbeitsplätze in Marokko ist vor allem die Textilindustrie für die Frauen eine Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu sichern. 2018 erzeugte die marokkanische Bekleidungsindustrie 15 Prozent des Bruttoinlandprodukts und 25 Prozent der marokkanischen Exportgüter. 1600 Unternehmen beschäftigen über 190.000 Mitarbeiter. Etwa 70 Prozent davon sind Frauen.

 

Den Frauen wird gesagt, dass sie ihre Arbeitsplätze am besten dadurch erhalten, dass sie flexibel seien. Die Flexibilität in der marokkanischen Bekleidungsindustrie bedeutet zum Beispiel: Eine Milliarde verschiedene Artikel, geringe Stückzahlen, sofortiges Reagieren auf sogenannte „Markttrends“, enorme Schnelligkeit, um den Vorteil der Nähe zu Europa - an der Straße von Gibraltar sind es nur 14 Kilometer zum europäischen Festland - gegenüber Asien voll auszuspielen. Diesen Standortvorteil will Marokko mit der Corona-Krise weiter ausbauen.

 

Die Frauen werden deshalb überausgebeutet - mit bis zu 60 Wochenstunden und sechs Arbeitstagen. Sozialversicherungsbeiträge werden erhoben, aber oft nicht an die Träger abgeführt. Oftmals haben die Frauen auch gar keine richtigen Arbeitsverträge. Diese Arbeitsbedingungen gehen auf Kosten der Gesundheit der Frauen. Auch psychische Erkrankungen nehmen zu, Schwangere werden unzureichend geschützt. Die gleichzeitige Verpflichtung der Frauen für die Familie bedeutet eine extreme Belastung. Die marokkanische Textilindustrie arbeitet gegenüber den Frauen mit Einschüchterung. Es wird versucht, kritische Berichte über die Arbeitsbedingungen zu unterdrücken.

 

Die offizielle Darstellung der marokkanischen Textilindustrie verbreitet Mythen, um einen Konkurrenzvorteil zu erzielen: Sie stellt sich zum Beispiel als weniger ausbeuterisch dar als die Textilindustrie in Bangladesch. Es werde auch ökologisch „fairer“ produziert.

 

Doch in Wirklichkeit sind es immer die gleichen Firmen. Die Organisation „Südwind“ berichtet, dass es die Textil-Hersteller wie Zara, Diesel und so weiter zum Prinzip haben, um die Welt zu eilen, immer auf der Suche nach dem höchsten Profit. Tatsächlich verringerte sich der Preisunterschied der Textilien aus Ländern wie Bangladesch kontinuierlich.¹

 

Es wäre von großer Bedeutung, Textilarbeiterinnen aus Marokko für die nächste Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen in Tunesien zu gewinnen. Die Genossinnen und Genossen der ICOR-Organisation MMLPL Marokko wollen sich unter anderem dafür einsetzen.