Klartext
Metallindustrie: Lohntarifrunde ohne Lohnforderungen?
Am 31. März laufen die Tarifverträge für die rund vier Millionen Beschäftigen in der Metall- und Elektroindustrie aus. Deutschland steckt in einer Wirtschaftskrise. Das ist pünktlich zu den Tarifrunden auch den Monopolverbänden eingefallen. So, wenn der Präsident in Nordrhein-Westfalen, Arndt G. Kirchhoff, „vor der wichtigsten Tarifrunde der vergangenen zehn Jahre“ warnt. Vor allem sollen die Gewerkschaften die Unternehmen nicht mit „überzogenen Forderungen und Konfliktstrategien“ belasten.
Landauf, landab sind Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter empört über diese Verzichtspropaganda. Sie wissen: Mieten, Strom und Lebensmittel, die wichtigsten Posten in den meisten Arbeiterhaushalten, verzeichnen weit überdurchschnittlich steigende Preise. Die Strompreise stiegen in den letzten 20 Jahren um das Doppelte. In Städten wie Berlin verdoppelten sich die Mieten in zehn Jahren. Und die Lebensmittelpreise stiegen nach zwei Dürresommern um 7,8 Prozent. Seit 2003 verdoppelte sich die Zahl der Menschen, die zwei und mehr Arbeitsplätze brauchen, um leben zu können. Höhere Löhne sind gegen diese Zustände dringend geboten. Und auch aus Prinzip muss die Arbeiterbewegung sich bewusst werden: Die Interessen des Kapitals sind nicht die ihren. Sie kann ihre Interessen nur im Kampf durchsetzen.
Statt Empörung ernten die Metallkapitalisten beim Vorsitzenden der IG Metall, Jörg Hofmann, dagegen Verständnis. Er hat ein Positionspapier an die Unternehmerverbände veröffentlicht, welches das Ziel verfolgt, noch „vor Ende der Friedenspflicht zu Ergebnissen zu kommen.“ (1) Noch vor Ende der Friedenspflicht?
Wir brauchen die Gewerkschaften als Kampforganisationen und nicht als Co-Manager Tassilo Timm, Landesvorsitzender der MLPD Thüringen
In der letzten Tarifrunde 2017 mobilisierte die IG Metall 1,5 Million Metallerinnen und Metaller für kämpferische Warnstreiks. Das stärkte das Selbstbewusstsein und die IG Metall wurde zum Beispiel in verschiedenen 24-Stunden-Streiks von der gewerkschaftlichen Basis und den Vertrauensleuten zur Kampforganisation gemacht. Aber das aktuelle Papier liegt dagegen sehr weitgehend auf der Linie der Unternehmerverbände:
- Vollständiger Verzicht auf irgendwelche Lohnforderungen!
- Das Kurzarbeitergeld soll auf 24 Monate verlängert werden und für die Kapitalisten wird eine „Erstattung der Sozialabgaben“ gefordert. Damit werden die Krisenlasten weiter auf die breite Bevölkerung umverteilt.
- „Konkrete Investitions- und Produktperspektiven“ sollen die Antwort auf die Strukturkrise mit der Umstellung auf E-Mobilität sein. Die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus diktieren dem Kapitalisten, Investitionen immer zur Erhöhung seiner Profitrate zu tätigen. Ein Ergebnis ist meist die Vernichtung von Arbeitsplätzen. Sollen die Arbeiter jetzt Investitionen für den Abbau der eigenen Arbeitsplätze fordern?
Beifall gibt es – wenig verwunderlich – von den Kapitalisten: „Wir begrüßen, dass die IG Metall den Ernst der Lage anerkennt.“ (2)
Statt sich den Kapitalisten zu unterwerfen, tut die Arbeiterklasse mitsamt ihren Gewerkschaften gut daran, offensiv zu starten: mit selbstbewussten Forderungen, Mitgliedergewinnung für die Gewerkschaften und der Herstellung einer entsprechenden Kampfbereitschaft. Die Beschäftigten sind nicht verantwortlich für die kapitalistischen Krisen. Wir brauchen die Gewerkschaften als Kampforganisationen und nicht als Co-Manager.