Haushaltsdebatte

Haushaltsdebatte

Im Schatten der Krise der Großen Koalition

Gegenwärtig findet im Bundestag die Debatte um den Bundeshaushalt 2020 statt.

Von hru
Im Schatten der Krise der Großen Koalition
Obwohl im Kapitalismus sowieso nur "Zierde" wirkt der Satz am Giebel des Reichstagsgebäudes angesichts der Haushaltsdebatte auch noch unfreiwillig komisch (foto: gemeinfrei)

Die Haushaltsdebatte steht im Zeichen der latenten politischen Krise der Bundesregierung, die schon in der Vergangenheit immer wieder auch offen ausbrach. Fast zeitgleich mit dem Ende dieser Debatte wird am Samstag bei der SPD mit der Wahl des neuen Führungsduos auch über ein mögliches Ende der Großen Koalition diskutiert.

GroKo im Spagat

Die Große Koalition befindet sich im Spagat zwischen ihrer Rolle als Dienstleister der internationalen Monopole und einer wachsenden Vertrauenskrise unter den breiten Massen. Die gesellschaftliche Polarisierung wird sich weiter verschärfen: Auf der einen Seite die Rechtsentwicklung der Regierung und der bürgerlichen Parteien - bis hin zu einer ernst zu nehmenden faschistischen Gefahr, auf der anderen Seite der fortschrittliche Stimmungsumschwung unter den Massen.

 

Die Unternehmerverbände fordern vor dem Hintergrund einer neuen Weltwirtschaftskrise, die in Deutschland bereits entfaltet ist, einen Kurs der verschärften Abwälzung der Krisenlasten auf die Arbeiterklasse und breiten Massen. Dazu gehört für sie eine Senkung der Durchschnittsbesteuerung für Unternehmen von derzeit 32 auf 25 Prozent, sowie eine Anhebung der Massensteuern: unter anderem der Mehrwert- und Spritsteuer, sowie die sogenannte C02-Bepreisung. Sie stören sich an zu hohen Sozialabgaben, beim sogenannten Klimaschutz wollen sie selbst die völlig unzureichenden Ziele der Bundsregierung noch weiter verwässern. Dieter Kempf, Präsident des BDI, fordert unter anderem einen Einsatz der Bundeswehr in der Meerestraße von Hormus.

Übergang in eine Weltwirtschaftskrise verschärft die Lage

Und die GroKo bemüht sich zu liefern. Tatsächlich will die Regierung unter anderem die Subventionen in Digitales und Verkehr auf fast 30 Milliarden steigern. Sie hat unter dem Vorwand des Klimaschutzes ein Programm von 54 Milliarden aufgelegt - zur Subventionierung der Auto-, Energie-, Bau-, Logistik und sogar der Mineralölkonzerne. Allein 75 Milliarden Euro sind im Bundeshaushalt für den Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen vorgesehen.

 

Um trotzdem die Farce der "schwarzen Null" aufrechtzuerhalten, muss an anderer Stelle gekürzt werden. So reichen die 83 Milliarden für das Schienennetz nicht einmal für den Erhalt der Infrastruktur. Für den Neubau wurden die bisherigen Ausgaben von 3 Milliarden um die Hälfte reduziert, und das nachdem in den letzten Jahrzehnten tausende von Kilometern Schiene stillgelegt wurden. Und das angesichts der Tatsache, dass der LKW-Verkehr seit 1995 20 Prozent mehr CO2 ausstößt. Außerdem wurden Rückstellungen für die Kosten der Flüchtlingshilfe umgeschichtet.

 

Die Regierung kommt den Forderungen des BDI auch nach, indem sie den Rüstungssetat auf 44,92 Milliarden Euro erhöht. Bis 2025 sollen dann die 2 Prozent Rüstungsausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) erreicht sein, die US-Präsident Donald Trump von allen NATO-Ländern fordert. Kanzlerin Angela Merkel sprach sich in diesem Zusammenhang für eine Stärkung der NATO und der „strategischen Partnerschaft mit der Türkei“ aus. Obwohl diese gerade einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt, Partneranwälte der deutschen Botschaft verhaftet etc. Bekannt wurden parallel zur Haushaltsdebatte, dass es eine Zusage der Bundesregierung gibt, ihre Beiträge für die NATO aufzustocken: auf die gleiche Höhe der USA. Auch Innenminister Horst Seehofer (CSU) will seinen Sicherheitsapparat weiter ausbauen und fordert dafür 3900 zusätzliche Stellen.

Grundsätzliche Opposition? Fehlanzeige!

Die FDP forderte in der Debatte noch mehr Subventionen für die Monopole im Konkurrenzkampf, zum Beispiel in Form von mehr Mitteln für den Digitalfonds. Auch von den Grünen kommt keine grundsätzliche Kritik an der Umweltpolitik, die nur zu wenig Wirkung entfalten würde. Die Linkspartei erklärte, ein Ende der Großen Koalition sei das Beste. Hier kann man es offenbar kaum erwarten, selbst in die Regierung zu kommen und die Geschäfte der Monopole zu führen.

Wird das die SPD-Basis zufriedenstellen?

Natürlich wird der GroKo-Befürworter und Vizekanzler, Olaf Scholz, am Samstag auf dem SPD-Parteitag auf einige Trostpflästerchen verweisen, wie die unzureichende Grundrente, die Teilabschaffung des Soli, einige leichte Korrekturen bei der Doppelbesteuerung der Betriebsrente. Ob das aber die existenziellen Krise der SPD stoppen kann, kann bezweifelt werden. Wie wenig die SPD als Monopolpartei ihren Kurs zu ändern bereit ist, zeigt sich diese Woche im Arbeitsministerium von Hubertus Heil. Durch die Hintertür und Tricks wollte sein Ministerium die gerichtlich definierte Obergrenze von 30 Prozent Kürzung bei Sanktionen gegenüber Hartz-IV-Betroffene umgehen. 24 Stunden nach dem Bekanntwerden des entsprechenden Papiers kam ein Dementi. So schaut eine tiefe Defensive aus.

 

Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Haushaltsdebatte ein selbstzufriedenes Gehabe an den Tag legt, das etwas an die barocken Auftritte eines Helmut Kohl in seiner Spätphase erinnert, sollte sie nicht vergessen, wie Kohls Amtszeit seinerzeit endete.

 

Die Krise der Regierung kann trotz "gemeinsamem Haushalt" jederzeit wieder offen ausbrechen, vor allem wenn sich Proteste der Massen entwickeln. Gestern, 27. November, demonstrierten Tausende Metallerinnen und Metaller in Bayern und Tausende Bauern in ganz Deutschland - allein 10.000 in Berlin. Auch Betriebsrentner wollen ihre Proteste weiter forcieren. Morgen wird es einen weltweiten Protesttag der FFF-Bewegung, und den Umweltkampftag der ICOR¹ geben, der in großen Teilen im scharfen Gegensatz zum Klimapaket der Großen Koalition steht. Nichts Gutes für den Fortbestand der Großen Koalition. Gutes hingegen für alle, die mit der MLPD und dem Internationalistischen Bündnis einen Weg aus dem kapitalistischen Krisenchaos suchen. Ihre Zahl wächst ...