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CDU-Parteitag: Offene Parteikrise gerade nochmal in den Griff bekommen

Der CDU-Bundesparteitag in Leipzig am 22. und 23. November 2019 wurde bereits im Vorfeld zu einer „Machtprobe“ zwischen der vor einem Jahr als Parteivorsitzende gewählten Annegret Kramp-Karrenbauer und ihren „Rivalen“ hochstilisiert.

Von gb
CDU-Parteitag: Offene Parteikrise gerade nochmal in den Griff bekommen
Vor der Abstimmung über den Antrag auf Kanzlerkandidatenurwahl (screenshot)

Die Europawahl und die Landtagswahlen 2019 brachten den GroKo-Parteien CDU/CSU und vor allem auch der SPD krachende Verluste. CDU/CSU liegen bei Umfragen zur Zeit bei 27 Prozent der Wählerstimmen, die SPD bei 14 Prozent. Vorbei sind die früheren für das herrschende Monopolkapital relativ bequemen Zeiten eines Drei-Parteiensystems im Bundestag: mit dem Hin- und Herschieben der FDP konnte man beliebig die Koalitionen wechseln. Heute ist selbst die „Große Koalition“ weit von einer Bundestagsmehrheit weg. Kein Wunder, dass die Parteibasis von CDU/CSU und SPD beunruhigt und verunsichert ist und auf Änderungen drängt.

Eitelkeiten oder verschiedene Varianten der Rechtsentwicklung?

Von bürgerlichen Kommentatoren wurde vor allem der CDU-Rechte und offene Vertreter des Finanzkapitals Friedrich Merz zum „Herausforderer“ von Kramp-Karrenbauer aufgebaut. Merz kehrte nach seiner Niederlage im Kampf um den CDU-Parteivorsitz wieder in sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Tochter des berüchtigten internationalen Finanzinvestors Blackrock zurück. Als Motiv wurden Merz und den weiteren Möchte-Gern-Bundeskanzlern wie Armin Laschet oder Jens Spahn „alte Rechnungen“ und „Eitelkeiten“ unterstellt. Das mag ja auf diese Monopolpolitiker zutreffen, ist aber nicht der Kern.

 

Kramp-Karrenbauer steht für die Variante, möglichst das Regieren mit dem System der kleinbürgerlichen Denkweise als hauptsächlicher Methode fortzusetzen, dabei aber der von den Monopolen geforderten Rechtsentwicklung nachzukommen. Ihr Vorstoß als Bundesverteidigungs-Ministerin, eine „Schutzzone“ in Nordsyrien durch eine gemeinsame Kampftruppe aus Bundeswehr, französischer und britischer Armee kontrollieren zu lassen, steht für eine wieder offen aggressive Militär- und Außenpolitik. Andererseits hat sie noch nicht zum Generalangriff auf verbliebene soziale Errungenschaften und elementare umweltpolitische Standards geblasen. Friedrich Merz und sein größter Fan, der Vorsitzende der stramm rechts eingeschworenen Jungen Union, Tilman Kuban, stehen dagegen für einen insgesamt offen reaktionären Kurs mit massivem Abbau sozialer Errungenschaften und Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen. Heute hat er in seiner Rede die Jugendumweltbewegung angegriffen.

 

Der NRW-Ministerpräsident Armin Laschet wird als möglicher Kanzler einer „Jamaika-Koaliton“ aus CDU/CSU, Grünen und FDP gehandelt, er gilt als ausgemachter Dienstleister der deutschen Energie- und Automonopole. „Es gibt keinen Dieselskandal“ gab Laschet auf dem Parteitag zum Besten. Der ultrareaktionäre Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) steht für die Abschottung der EU-Außengrenzen, eine menschenverachtende Flüchtlingspolitik und einen drastischen Abbau bürgerlich-demokratischer Rechte. Seine Geheimdienste arbeiten mit dem türkischen Geheimdienst, der AfD und offenen Faschisten zusammen. Angeblich um gegen „Hetze im Netz“ vorzugehen, will Seehofer den 1981 abgeschafften Straftatbestand „Befürwortung von Straftaten“ wieder einführen – in Wirklichkeit eine Kampfansage an Revolutionäre, Umweltaktivisten und kämpferische Arbeiter! Das wird von allen CDU-Größen so mitgetragen.

 

In ihrer Hauptrede ging Kramp-Karrenbauer zur Attacke über und forderte den Parteitag mit ihrem "Rücktrittsangebot" zur Entscheidung heraus. Merz versicherte seine Unterstützung, um dann gleich zu erklären, dass die Entscheidung über den Kanzlerkandidaten ja sowieso erst in einem Jahr vom CDU-Parteitag getroffen werden würde.

Weltweite Massenproteste und verschärfte Kriegsgefahr

Der CDU-Führungstruppe ist klar, dass mit dem Ausbruch einer tiegehenden Weltwirtschaftskrise Deutschland als bisheriger „Exportweltmeister“ besonders stark betroffen ist und dass die allseitige imperialistische Krise sich in beschleunigtem Tempo vertieft. Weltweit rebellieren die Massen von Kolumbien bis Irak. Eine internationale und junge Umweltmassenbewegung kämpft gegen den Übergang in die globale Umweltkatastrophe, große Arbeiterkämpfe finden statt oder werden vorbereitet. Gegen Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus haben alle bürgerliche Politiker logischerweise kein Heilmittel zu bieten.

 

Wie gedenkt die Mehrheit in der CDU nun mit Krisenlasten und -folgen umzugehen? Mit der Einführung einer staatlich geförderten zusätzlichen privaten Altersversorge soll die gescheiterte „Riester-Rente“ abgelöst werden. An dem Prinzip der gesetzlichen Armuts-Rente ändert dies nichts. Das Planungsrecht für Bauprojekte soll massiv beschleunigt werden, so räumt man dann „Hindernisse“ wie Bürgerproteste gegen Hochspannungstrassen aus dem Weg. Die „Leipziger Erklärung“ wurde dann am 23.11. einstimmig vom Parteitag angenommen. Sie setzt als Ziel „gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West.“
„Ich habe die Nase voll davon, dass wir immer die Langsamsten in Europa sind", erhitzte sich Kramp-Karrenbauer in ihrer Rede. „Wenn wir es falsch anstellen, leben wir in zehn Jahren in einem Deutschland, das abgehängt ist.“ Hieraus spricht die Sorge vor einem drohenden Rückfall des deutschen Imperialismus im weltweiten Konkurrenzkampf. Die CDU-Antwort darauf: massive staatliche Subventionen für die Konzerne in Sachen Digitalisierung und E-Mobilität.

Offene und latente Parteienkrisen - wann platzt die GroKo?

Auch einem Friedrich Merz ist klar, dass sich die Frage des Kanzlerkandidaten viel schneller stellen kann. Noch quält sich die SPD durch das „Endspiel“, ihr neues Vorsitzenden-Duo zu küren. Das Team Walter Borjans und Saskia Esken steht für eine Aufkündigung der Großen Koalition ebenso wie die Jusos mit ihrem frisch wiedergewählten Vorsitzenden Kevin Kühnert. Dem Duo aus  Vizekanzler Olaf Scholz und Clara Geywitz geht es darum, weiter in Nibelungentreue an der GroKo festzuhalten, auch bei Strafe des weiteren Niedergangs der ebenfalls immer weiter nach rechts gerückten SPD. Insgesamt zeigt es die wachsenden Probleme der Herrschenden, für das gewünschte Krisenprogramm und die Rechtsentwicklung stabile Mehrheiten zu bekommen. Die SPD steckt weiter in einer offenen Parteienkrise, die CDU ist nach dem Parteitag weit entfernt von Stabilität. Jederzeit kann es zu einer offenen Regierungskrise kommen.

Was hat wirklich „Zukunft“?

Nicht umsonst bemühte Kramp-Karrenbauer das Wort „Zukunft“ in ihrer Rede wie ein Mantra. Wirklich Zukunft hat aber nur der gemeinsame Kampf der internationalen Arbeiterklasse und der breiten Masse der Unterdrückten als gesellschaftsverändernder Kampf gegen den Imperialismus. Zukunft hat der Aufbau einer starken Einheitsfront gegen die Rechtsentwicklung der Regierungen und die faschistische Gefahr. Zukunft hat die internationale sozialistische Revolution. Wem es nicht reicht, gegen die bürgerlichen Parteien und ihre Angriffe auf unsere Lebensgrundlagen nur zu reagieren, der muss MLPD, REBELL und das Internationalistische Bündnis stärken!