Klimapaket
Grünlackiertes Subventionsprogramm für Konzerne auf Kosten der Massen
Der am 20. September vom Klimakabinett der Bundesregierung beschlossene Entwurf für ein "Klimaschutzprogramm 2030" ist ein provokativer, lebensgefährlicher Betrug an der Bevölkerung.
Es ist an Heuchelei kaum zu überbieten, wie Bundeskanzlerin Merkel den Protest- und Streiktag am 20. September scheinheilig lobt und beim Zusammentreffen mit Greta Thunberg in New York so tut, als hätten die versammelten Staats- und Regierungschefs den "Weckruf der Jugend gehört".
Was sie mit ihren Ministern am Freitag zuvor - nach angeblich intensivsten Verhandlungen - mit übernächtigten Augenringen der Öffentlichkeit als "Klimaschutzprogramm" vorstellte, ist nicht einmal ein "Klimapaketchen", wie es in bürgerlichen Medien hämisch kommentiert wird. Es ist eine einzige Provokation gegenüber dem berechtigten Drängen Hunderttausender demonstrierender Menschen auf wirksame Maßnahmen zur Rettung der Umwelt.
Gigantisches Subventionsprogramm
Der Kern des Klimapakets ist ein gigantisches grünlackiertes Subventionsprogramm zugunsten der internationalen Übermonopole mit Sitz in Deutschland. Mindestens 54 Milliarden Euro sollen - als Klimaschutzmaßnahmen getarnt - vor allem an Auto-, Energie-, Bau-, Logistik- und sogar an Mineralölkonzerne fließen. Die Kosten dafür will die Regierung vollständig auf die Arbeiterinnen und Arbeiter und breiten Massen abwälzen.
Wer sich klare Vorgaben zur Reduktion des Ausstoßes klimaschädlicher Gase erhofft hatte, wird bitter enttäuscht. Das Paket enthält keinerlei verbindliche Ziele zum Ausbau erneuerbarer Energien, zum Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energieträger oder zur Ersetzung der Verbrennungsmotoren. Erst ab 2026 sollen überhaupt die CO2-Emissionen verringert werden, und auch das nur unter dem Vorbehalt einer Revisionsklausel.
Es bleibt bei dem völlig unzureichenden Ziel der EU, diese bis 2030 auf 55 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu reduzieren. Wie das erfolgt, steht in den Sternen - was zeigt, dass man auch damit der Bevölkerung nur Sand in die Augen streuen will. Das ist angesichts des dramatisch beschleunigten Übergangs in eine weltweite Umwelt- und Klimakatastrophe ein Skandal.
Zusätzliche Milliardenprofite
Ein zentraler Bestandteil des Pakets ist die CO2-Bepreisung. Diese soll ab 2021 Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas schrittweise verteuern. Die Mineralöl- und Gaskonzerne müssen dazu weitere CO2-Zertifikate erwerben - zu einem Preis, der bis zum Jahr 2025 schrittweise auf 35 Euro pro Tonne CO2 steigt.
Während die Konzerne diese Kosten voll auf die Massen abwälzen werden, können sie selbst mit den Zertifikaten handeln und so zusätzliche Milliardenprofite erzielen. Der Betrug, dass CO2-Zertifikate irgendetwas zur CO2-Reduzierung beitragen würden, ist schon seit der Einführung des Zertifikatehandels nach der Kyoto-Konferenz von 1997 vollständig gescheitert.
Scheinbare "Entlastungen"
Laut Klimapaket sollen die Haushalte für die höheren Sprit- und Heizungskosten im Gegenzug unter anderem bei den Stromkosten entlastet werden. Dazu will die Regierung die EEG-Umlage um 0,25 Prozent senken. Schon in der Vergangenheit dachten die Stromversorger und Energiekonzerne nicht im Traum daran, Senkungen dieser Umlage an die Verbraucher weiterzugeben. Sie werden es als weitere Subventionierung in die eigene Tasche stecken.
Ähnlich ist es bei der geplanten Förderung von 40 Prozent der Kosten für den Austausch von Ölheizungen. Die erhalten bei Mietwohnungen die Wohnungskonzerne, die erfahrungsgemäß versuchen werden, den größten Teil der Umbaukosten trotz Förderung auf die Vermieter abzuwälzen. Ab 2026 soll der Einbau von Ölheizungen komplett verboten werden. Lediglich Wohngeld- bzw. Hartz-IV-Bezieher sollen bei steigenden Heizungskosten durch höheres Wohngeld unterstützt werden.
Ein umfassendes Investitionsprogramm ist auch für die Deutsche Bahn geplant, allerdings nicht zum dringend notwendigen Ausbau eines kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs, sondern um sie weiter zum führenden internationalen Verkehrskonzern aufzubauen. Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Tickets für Fernzüge von 19 auf sieben Prozent ist zu begrüßen. Auch sie wird die Bahn voraussichtlich nur teilweise oder vorübergehend an die Kunden weitergeben, denn an der Praxis ansonsten jährlich steigender Bahnpreise soll das Klimapaket nichts ändern. Während die Masse der Berufspendler von sinkenden Fernzugpreisen wenig hat, werden sich durch die höheren Flugpreise für einen Teil der Massen Urlaubsreisen verteuern.
Zu begrüßen ist auch die Erhöhung der Pendlerpauschale ab 2021 von bisher 30 auf 35 Cent. Das entlastet zumindest Werktätige, die weitere Strecken mit dem Auto oder der Bahn zurücklegen müssen. Aber eben erst ab dem 21. Entfernungskilometer und auch nur befristet bis zum 31. Dezember 2026. Eine Minierhöhung, die durch steigende Sprit- und Fahrzeugkosten in kurzer Zeit wieder aufgefressen wird.
Hauptverursacher werden verschont
Die industriellen Hauptversursacher der klimaschädlichen Gase, die Energie- und Autokonzerne, werden durch das Klimapaket vollständig verschont. Dabei trägt die Energieindustrie mit einem Anteil von 34,6 Prozent zum Treibhausgasausstoß bei. Alleine die drei größten Braunkohlekraftwerke Neurath, Niederaussem am Niederrhein und Jänschwalde stoßen zusammen 80 Millionen Tonnen CO2 im Jahr aus.
Eine drastische Reduktion der Treibhausgasemissionen kann nur mit dem raschen Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energieträger und deren sukzessives und vollständiges Ersetzen durch regenerative Energien erfolgen.
Massive Kritik - Regierung in der Defensive
Dass dieses Klimapaket überhaupt ausgehandelt wurde und wie die Regierung es als "Beginn eines tiefgreifenden Wandels" verkaufen will, zeigt allerdings ihre tiefe Defensive gegenüber dem Millionenprotest der Arbeiter-, Jugend- und Umweltbewegung.
Zurecht hagelt es massive und völlig berechtigte Kritiken daran - allerdings teilweise auch Scheinkritik. Am lautstärksten wettern die Grünen. Dabei geht es ihnen vor allem darum, das Programm der Regierung kosmetisch aufzubessern und den Hauptstoß mit noch höheren CO2-Preisen genauso gegen die Masse der Bevölkerung zu richten. Dafür wollen sie im Bundesrat "kämpfen" und sind natürlich - wie heroisch - auch zu Kompromissen bereit.
Kein Wort zum Festhalten an der Verbrennung fossiler Energieträger, kein Wort zur völligen Verschonung der Autoindustrie und zum Verzicht auf den schnellen Ausbau der öffentlichen Verkehrssysteme.
AfD: Verbraucher- statt Umweltschutz?
Demagogisch schwingt sich die ultrareaktionäre, faschistoide AfD aufs Pferd der Verteidigung der sozialen Interessen der Massen. Ihr "umweltpolitischer Sprecher" Karsten Hilse warnt vor dem "tiefen Griff in den Geldbeutel der Verbraucher", um gleichzeitig gegen jeden Klimaschutz zu Felde zu ziehen. Den "Geldbeutel der Verbraucher" hat er nur entdeckt, um sich mit seinen zutiefst umweltfeindlichen und klimaskeptischen Parolen anzubiedern.
Wer ins Programm der AfD schaut, wird dort keine einzige klare Forderung zur Erhöhung der Löhne und Renten oder zur Senkung der Massensteuern sowie Erhöhung der Steuern für Unternehmen und Kapitalspekulanten finden, wie es die MLPD verlangt. Dagegen umso mehr Vorschläge zur Stärkung des "Wirtschaftsstandorts Deutschland“. Die AfD-Verteufelung der "links-grünen Einpeitscher" (Karsten Hilse) liegt ganz auf der Linie der vollständigen Leugnung der Umweltkrise und der Kriminalisierung des aktiven Widerstands zur Rettung der Umwelt vor der Profitwirtschaft.
Wirksame Sofortmaßnahmen sind möglich und dringend nötig
Die Arbeiter-, Jugend- und Umweltbewegung muss mit dem verhängnisvollem Betrug der Bundesregierung und der irreführenden Kritik der bürgerlichen Parteien fertig werden, damit das gewachsene spontane Umweltbewusstsein sich höherentwickeln kann zur Bewusstheit und Organisiertheit einer internationalen Widerstandsbewegung.
Notwendig ist der umfassende Ausbau eines kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs auf Basis erneuerbarer Energie. Der Güterverkehr muss auf Schienen und Wasserwege. Genauso müssen die fossilen Brennstoffe schrittweise und vollständig durch regenerative Energien ersetzt und die Energiegewinnung auf Sonne, Wind, Wasser und Bioabfälle umgestellt werden. Längst wäre es technisch möglich, die Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 70 bis 90 Prozent zu senken.
Schule eines gesellschaftsverändernden Kampfs
Alles, was tatsächlich zur Reduzierung des Ausstoßes klimaschädlicher Gase beiträgt, ist sinnvoll. Es muss allerdings auf Kosten der Monopolprofite durchgesetzt werden. Die Abwälzung der Kosten auf die breiten Massen ist abzulehnen.
Dazu Joachim Grießbaum vom Zentralkomitee der MLPD: „Die kapitalistische Produktionsweise hat eine Stufe erreicht, auf der die Verwirklichung ihrer Maximalprofite gesetzmäßig an die systematische Zerstörung der menschlichen Lebensgrundlage gebunden ist. Überausbeutung von Mensch und Natur ist längst Logik und Praxis der Diktatur einer Handvoll Monopole weltweit. In diesem Sinn gilt es, den Kampf für die dringend notwendigen Sofortmaßnahmen als Schule eines gesellschaftsverändernden Kampfs zur revolutionären Überwindung des Kapitalismus und zur Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft zu führen. Erst dann wird die Einheit von Mensch und Natur im Mittelpunkt stehen.“