Argumente für den Thüringen-Wahlkampf
Familienfreundliches Thüringen?
Die Thüringer Landesregierung aus Linkspartei, SPD und Grünen hat in den letzten Jahren auf Druck aus der Bevölkerung durchaus einzelne frauen- und familienpolitische Zugeständnisse beschlossen.
So stellt sie seit diesem Jahr den Kommunen jährlich rund 10 Millionen Euro bereit, mit denen diese vor Ort bestehende Angebote für Familien verbessern oder auch neue familienpolitische Förderprogramme entwickeln können. Das ist auch eine Reaktion auf das gewachsene Selbstbewusstsein von Frauen und die berechtigten Anliegen vieler Menschen, für die die Familie eine wichtige Solidargemeinschaft ist.
Mit Bezug darauf schreibt sich die Linkspartei/SPD/Grünen-Regierung die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ und das „familienfreundliche Thüringen“ groß auf ihre Fahne. Aber nicht, dass Sie jetzt denken, der Regierung lägen die Familien so am Herzen. Nein, es geht ihr erklärtermaßen darum, dass damit der „Wirtschaftsstandort Thüringen gestärkt“ wird1. Familien sind im Kapitalismus die kleinste Wirtschaftseinheit und dazu da, Arbeitskraft zu produzieren und wiederherzustellen.
Mit der Zusammenlegung der Bereiche Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zu einem Ministerium wird von der Landesregierung der Anschein erweckt, die wichtigsten Lebensfragen als Einheit zu bearbeiten. In der „Thüringer Allianz für Familie und Beruf“ arbeiten Vertreter und Vertreterinnen aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und der Agentur für Arbeit gemeinsam an dieser vorgeblichen „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Im Kern geht es darum, wie die Arbeitskraft von Frauen optimal ausgebeutet werden kann.
Thüringen hat mit 62,9 Prozent bundesweit nach Bayern die zweithöchste Beschäftigungsquote von Frauen. Sie machen zugleich mit 55,7 Prozent die Mehrheit in den Mindestlohnbranchen aus2.
Wie soll diese „Vereinbarkeit“ funktionieren, angesichts des massiven Kita-Plätze-Mangels in Thüringen? Heute schon fehlen allein in Erfurt 500 Plätze. Durch steigende Geburtenrate und Zuzüge werden in den kommenden Jahren noch Hunderte Plätze mehr gebraucht. Da bahnt sich eine katastrophale Situation für Familien an!
Wie soll das funktionieren, wenn Eltern oder alleinerziehende Mütter Schichtarbeit machen müssen und sich zuhause die Klinke in die Hand geben? Bei Daimler in Kölleda kämpfen Arbeiterinnen für das Recht auf Dauerfrühschicht für Alleinerziehende.
Aufgrund des Lohnunterschieds zwischen Männern und Frauen werden Frauen ohnehin schon mit durchschnittlich 21 Prozent weniger Lohn abgespeist. Weil Frauen aufgrund ihrer Verantwortung für Familie, Kindererziehung und Haushalt der kapitalistischen Ausbeutung nicht uneingeschränkt zur Verfügung stehen, wird ihre Arbeitskraft von vornherein niedriger bewertet als die der männlichen Kollegen.
Die Ost-West-Lohnungleichheit kommt noch dazu. Bei Zalando in Erfurt mussten die Kolleginnen und Kollegen jahrelang kämpfen, um ein minimales Urlaubs- und Weihnachtsgeld durchzusetzen. Bei der Masse der werktätigen Frauen ist Altersarmut vorprogrammiert.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist im Kapitalismus eine Illusion. Deshalb muss der Kampf um die Befreiung der Frau mit dem Kampf um die Befreiung von der kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung verbunden werden. Das geht am besten bei uns in der Internationalistischen Liste/MLPD, die Politik für Arbeiterinnen und Arbeiter macht statt für Milliardäre!