Paris
Les Gilets Jaunes - eine Bewegung, die ihre Spuren hinterlässt
Seit mehr als acht Monaten ist die Bewegung der Gilets Jaunes, der Gelbwesten, aktiv. Jeden Samstag Demonstrationen in zahlreichen Städten. Weder der Nationalfeiertag am 14. Juli noch die Tour de France gingen ruhig über die Bühne: Die Gelbwesten waren da und traten kämpferisch für ihre Forderungen ein.
Das Aufbegehren gegen die Politik von Staatschef Emmanuel Macron hat sich mehr und mehr zur Ablehnung seiner gesamten Regierung, der Institutionen des französischen Staats, seiner Politikerinnen und Politiker, bis hin dazu, die ganzen kapitalistischen Verhältnisse infrage zu stellen.
Eine Organisationsform der Gelbwesten-Bewegung sind die "Assemblées des Assemblées" (AdA), Versammlungen von Delegierten, die von den Aktivisten in den Orten gewählt wurden. Die zweite AdA im April 2019 hat eine klare und kämpferische Position gegen die EU-Politik bezogen. Zu den Europawahlen entwickelte die Ada eine internationalistische, in Ansätzen antiimperialistische Politik - die linke Tendenz verstärkte sich. Die dritten Versammlungen im Juni bestätigten diesen Trend. Ein Problem ist, dass eine größere Organisiertheit und inhaltliche Einheit von einem Teil der Bewegung abgelehnt wird. Die Befürchtung ist, dass sich bürokratisch-zentralistische Strukturen entwickeln könnten.
Die Zahl der Aktivisten ist von den anfänglich ca. 300.000 auf 10.000 zurückgegangen (nach Berichten der führenden bürgerlichen Medien). Auch die Zusammensetzung der Bewegung hat sich verändert: Mehr Arbeiterinnen und Arbeiter beteiligen sich, weniger Kleinunternehmer, Handwerker, Intellektuelle. Dennoch ist die Gelbwestenbewegung noch immer eine breite kämpferische Vereinigung von Menschen verschiedener gesellschaftlicher Schichten.
Die gesellschaftliche Polarisierung spiegelt sich in der Gelbwestenbewegung wider. Ein Teil neigt auch sozialchauvinistischen und nationalistischen Positionen zu. Bei den Kommunalwahlen im Frühjahr 2020 werden diese verschiedenen Strömungen zum Ausdruck kommen.
Bei einem Teil der Gelbwestenbewegung gibt es wichtige Bestrebungen, sich mit anderen Kämpfen und gesellschaftlichen Bewegungen zusammenzuschließen: mit Kämpfen in Betrieben, gegen Entlassungen und Betriebsschließungen, Kämpfen in Wohngebieten und gegen polizeiliche Repressionen. Die breite Massenbewegung entwickelt auch eine neue Kultur der Opposition, durch Lieder, Musik, Filme, Theater ...
Die Gelbwesten sind nach wie vor starker Unterdrückung und Gewalt duch den Staatsapparat ausgesetzt. Sie will einschüchtern, spalten, abschrecken: Tausende von Verhaftungen, Kontrollen, Gerichtsurteilen. Tausende von Menschen, die zu Geldstrafen und Gefängnis verurteilt wurden; tausende Verwundete, mindestens ein Toter.
All dies hat das Land verändert: Die oft schmerzhafte Erfahrung staatlicher Gewalt verändert die Denkweise der Menschen. Sie verarbeiten ihre Erfahrungen zunehmend und machen sich Gedanken über den grundlegenden Charakter des Staates, der angeblichen Demokratie, die eine Diktatur der herrschenden Klasse ist. In der linken Bewegung bilden sich neue Politiker und Politikerinnen heraus. Selbst wenn die Bewegung nachlässt, wird sie in den heutigen und künftigen Klassenkampf eingehen.
Einige Schlussfolgerungen: Wir müssen uns auf harte Konfrontationen mit dem Staatsapparat einstellen. Die Suche nach einer gesellschaftlichen Alternative wird sich intensivieren, es bedarf einer besseren Organisation und einer tieferen Vereinigung. Das ist eine günstige Situation für die marxistisch-leninistischen Kommunisten, wenn sie die Bewegung verstehen und eine konkrete Politik und Taktik verwirklichen. Eine Politik, die die Linken der Bewegung mit der Perspektive des revolutionären Parteiaufbaus organisiert.