Abgasmanipulation

Abgasmanipulation

Ex-VW-Chef Martin Winterkorn wegen Betrugs angeklagt

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat Anklage gegen den ehemaligen VW-Chef Martin Winterkorn und vier weitere Manager erhoben. Die Rede ist von möglichen sechs Monaten bis zu zehn Jahren Haft.

Von hm/lg
Ex-VW-Chef Martin Winterkorn wegen Betrugs angeklagt
Spektakuläre Aktion beim Umweltkampftag 2018 in Hamburg (rf-foto)

Möglicherweise müssen Winterkorn und seine Komplizen früher ausgezahlte Boni im Wert von 300.000 bis 11 Millionen Euro zurückzahlen – selbstredend nicht etwa an asthmaerkrankte Arbeiterkinder oder die Umweltplattform des Internationalistischen Bündnisses, sondern an den ach so gebeutelten VW-Konzern.

 

Die Anklage ist jedoch ein Ergebnis der breiten Empörung über den kriminellen Abgasbetrug und zahlreicher Proteste. Die MLPD hat gemeinsam mit dem Internationalistischen Bündnis, mit klassenkämpferischen Automobilarbeitern und Umweltaktivisten tatkräftig dazu beigetragen. Von Anfang an hat sie geholfen, die Zusammenhänge und Hintergründe ans Licht zu zerren sowie den Widerstand gegen den Versuch der Abwälzung der Folgen auf die Arbeiter und breiten Massen zu organisieren. Die Autokonzerne vermochten es trotz intensiver Bemühungen nicht, das Thema vom Tisch zu bekommen.

Ziel: "Möglichst hoher Gewinn"

Winterkorn ist als damaliger Chef des VW-Konzerns verantwortlich dafür, dass 11 Millionen Fahrzeuge mit einer Betrugssoftware ausgestattet wurden. Berechtigt werfen nun auch die Ermittler Winterkorn schamlose Betrugsmanöver vor. So zitiert die Frankfurter Rundschau von heute aus der Anklage, mit dem Abgasbetrug hätten die Angeklagten dem Unternehmen „möglichst hohe Verkaufszahlen mit einem möglichst hohen Gewinn“ verschaffen wollen.

 

Zu diesem Zweck seien die Autos „offensiv und wahrheitswidrig“ als besonders schadstoffarm vermarktet worden. In Wahrheit seien sogar millionenfach „nicht zu leistungsfähige Fahrzeuge“ verkauft und „verbotswidrig zum Straßenverkehr zugelassen worden“.

 

Allerdings ist kaum zu erwarten, dass die zuständigen Gerichte Winterkorn konsequent zur Rechenschaft ziehen. Es gibt genügend Beispiele dafür, wie sich angeklagte Topmanagern mit angebotenen "Vergleichs"-Lösungen freikaufen konnten.

Aggressiver Monopolvertreter

Es ist eine Farce, wenn die Staatsanwaltschaft behauptet, dass Winterkorn erst am 25. Mai 2014 über den Betrug „informiert“ worden sei1. In typisch machtpolitischer Manier wird so versucht, die Schuld auf Ingenieure oder untere Ebenen abzuschieben. Doch seit Winterkorn an der Spitze des VW-Konzerns stand, verdoppelte sich der Umsatz von VW, die Zahl der verkauften Autos stieg von sechs auf 10 Millionen. VW gelangte unter die drei größten Autokonzern der Welt.

 

Einem solch aggressiven Vordringen im weltweiten Konkurrenzkampf müssen zwangsläufig aggressive Methoden zugrundeliegen, über die die Konzernspitze entscheidet, und nicht untergeordnete Ebenen. Die massive Schädigung der Umwelt und der menschlichen Gesundheit durch die Politik von VW ist kein Zufallsprodukt. Wie kaum ein anderer steht Winterkorn für diese Politik der führenden Übermonopole.

 

So heißt es im Buch „Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung Einheit von Mensch und Natur?“: „Da den Kapitalisten aufgrund seiner Profitgier und der gesetzmäßigen Konkurrenz nur die Akkumulation seines Kapitals interessiert, unterwirft er den gesamten Stoffwechsel von Mensch und Natur der Erzeugung von Tauschwert.“ (S.70)

 

Mittlerweile ist die Umweltkrise von einer Begleiterscheinung zu einer gesetzmäßigen Erscheinung der kapitalistischen Produktionsweise geworden. Keine Konzernpolitik funktioniert heute mehr, ohne die Umwelt rücksichtslos auszubeuten und zu schädigen. Dafür tragen Menschen vom Schlage Winterkorns die Verantwortung.

Hubers Persilschein nützte nichts

Blamabel ist die Anklage auch für Berthold Huber, einst IG-Metall-Vorsitzender und damaliger Vorsitzender des Aufsichtsrats von VW. Noch einen Tag vor dessen Rücktritt stellte er Winterkorn einen Persilschein aus. Winterkorn habe "keine Kenntnis von der Manipulation der Abgaswerte gehabt". Jetzt ist auch er der Falschaussage überführt. Umso mehr fragt sich, was Huber als Aufsichtsratsvorsitzender selbst gewusst hat.

 

Die MLPD hat stets erklärt, dass solche Machenschaften nicht ohne Anweisungen von höchster Stelle aus Vorstand und Aufsichtsrat erfolgen können. Stück um Stück bestätigt sich diese Analyse, wonach die Verantwortlichen von den kriminellen Abgasmanipulationen nicht nur jahrelang wussten, sondern sie aktiv betrieben haben.

Lehrstück des staatsmonopolistischen Kapitalismus

Ein Lehrstück der Funktionsweise des staatsmonopolistischen Kapitalismus, in dem Konzernspitzen, Bundesregierung, Kraftfahrtbundesamt und rechte Gewerkschaftsführung systematisch zusammenarbeiten zum Zwecke der Weltmarktbeherrschung und des Machterhalts des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals.


Der Abgasbetrug von VW und allen anderen Automobilkonzernen muss vollständig aufgeklärt werden. Die Automobilarbeiter, kämpferischen Umweltaktivisten, betrogenen Dieselfahrer und die Masse der über den Betrug empörten Menschen dürfen nicht lockerlassen in ihren Forderungen: Konsequente Bestrafung der für den Abgasbetrug Verantwortlichen! Wirksame Nachrüstung aller Diesel-Pkw mit SCR-Katalystoren auf Kosten der Konzerne! Umfassender Ausbau eines kostenlosen öffentlichen Nahverkehrssystems!

 

VW-Broschüre der Arbeiterplattform des Internationalistischen Bündnisses