Brüsseler Gipfel

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EU einigt sich auf faschistoid-rassistische Flüchtlingspolitik

In Zusammenhang mit der tiefsten offenen Regierungskrise seit Langem gab es in den letzten Wochen ungeheuren Wirbel mit Ultimaten und Drohungen um die Flüchtlingspolitik der Großen Koalition.

Von ffz/ms
EU einigt sich auf faschistoid-rassistische Flüchtlingspolitik
Das Gesicht der unmenschlichen Flüchtlingspolitik der EU (Foto: Freedom House)

Rote Fahne News hatte von vornherein analysiert, dass der Widerspruch zwischen dem Merkel- und dem Seehofer-Lager dabei vor allem in der Frage besteht, mit welcher Regierungsmethode der zunehmend reaktionäre, volksfeindliche Kurs gegenüber den Massen durchgesetzt werden soll.

 

Während Innenminister Horst Seehofer (CSU) auf eine offen reaktionäre Außen- und Innenpolitik setzt - verbunden mit antikommunistischer, rassistischer und sozialchauvinistischer Demagogie - steht Bundeskanzlerin Merkel mehr für das Festhalten an der Regierungsmethode des Systems der kleinbürgerlichen Denkweise - verbunden mit dem Ausbau des imperialistischen Machtblocks der EU in enger Zusammenarbeit mit dem französischen Präsidenten Macron.

Bündnispartner Macron und Merkel - keineswegs fortschrittlichere Alternative zu den ultrareaktionären, faschistoiden Regierungen in der EU (Foto: ActuaLitté)
Bündnispartner Macron und Merkel - keineswegs fortschrittlichere Alternative zu den ultrareaktionären, faschistoiden Regierungen in der EU (Foto: ActuaLitté)

In Kürze:

  • EU-Staats- und Regierungschefs einigten sich auf Eckpunkte einer faschistoid-rassistischen Flüchtlingspolitik
  • Papst Franziskus nannte Internierungslager bereits "Konzentrationslager"
  • Auch im länderübergreifenden Maßstab breiter Zusammenschluss aller Kräfte gegen die Rechtsentwicklung erforderlich

 

In dramatischen nächtlichen Verhandlungen einigten sich die beim Brüsseler EU-Gipfel vom 27./28. Juni versammelten Staats- und Regierungschefs auf eine Absichtserklärung, die eine faschistoid-rassistische Flüchtlingspolitik formuliert. Ihre Kernpunkte sind:

 

- Einrichtung von geschlossenen Internierungslagern - beschönigend "Aufnahmezentren" genannt - in den Mittelmeerstaaten. Angeblich sollen die Flüchtlinge von dort aus auf die verschiedenen EU-Länder verteilt würden. Allerdings auf "freiwilliger Basis". Polen will genauso wie die anderen Visegrad-Staaten überhaupt keine Flüchtlinge aufnehmen. Auch die Aufnahme in anderen EU-Staaten setzt voraus, dass die Flüchtlinge erst einmal Asyl erhalten - was bei einem immer kleineren Teil der Fall ist. Die große Masse wird also von den europäischen Internierungslagern wieder an die Herkunftsländer abgeschoben werden.

Papst sprach bereits von "Konzentrationslagern"

- Mit den nordafrikanischen Ländern sollen die Verhandlungen intensiviert werden, solche Lager auf ihrem Boden zu errichten, so dass die Flüchtlinge schon dort abgefangen oder nach ihrer "Rettung" auf dem Mittelmeer dorthin zurückgebracht werden können. Papst Franziskus hatte solche Lager in einer Predigt bereits als "Konzentrationslager" bezeichnet. Sie werden gegen den Widerstand der meisten nordafrikanischen Länder nur Wirklichkeit werden, wenn die EU dafür Gelder und politische Unterstützung gewährt. Dabei arbeitet sie mit durch die Bank äußerst reaktionären Regimes zusammen. In Libyen gibt es bereits solche Lager, in denen Sklavenhandel, Folter und Vergewaltigung an der Tagesordnung sind.

Frontex soll Flüchtlinge und Rettungshelfer bekämpfen

- Zukünftig sind laut Gipfelerklärung die EU-Länder auch formal nicht mehr dazu verpflichtet, überhaupt noch Flüchtlinge aufzunehmen. Darum ging im Wesentlichen das monatelange Gerangel mit den osteuropäischen Visegrad-Staaten. Nun wurde dieser Streit im negativen Sinn beigelegt, indem die anderen EU-Länder deren Forderungen nachgaben.

 

- Die Grenzschutztruppe Frontex soll bis 2020 massiv aufgerüstet werden, von derzeit 1.200 Angehörigen auf rund 10.000. Sie soll vor allem Schlepper und Seenotrettungsdienste bekämpfen. Für Letztere will die EU Richtlinien erarbeiten, um sie noch mehr zu drangsalieren als bisher schon. Die um sich greifenden Fälle der Verweigerung der Aufnahme in Mittelmeerhäfen zielen jetzt schon darauf ab, sie zur Aufgabe zu zwingen.

Faktische Abschaffung der letzten Reste des Asylrechts

All diese Maßnahmen laufen auf die faktische Abschaffung der noch vorhandenen Reste des Asylrechts in Europa und Deutschland hinaus. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl sprach von einem "Gipfel der Inhumanität". Flucht sei kein Verbrechen. "Gefolterte und Verfolgte einfach so in Europa wegzusperren, ist inhuman", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt.

 

Mit dieser berechtigten Anklage wird er allerdings die EU-Spitzenpolitiker nicht beeindrucken. Der Hauptzweck ihrer menschenverachtenden Flüchtlingspolitik ist, einer Rechtsentwicklung Bahn zu brechen, die das innenpolitische Gegenstück der allgemeinen Tendenz zur imperialistischen Kriegsvorbereitung bildet.

Gemeinsames reaktionäres Wesen der EU-Staaten

Die zunehmenden Zerwürfnisse innerhalb in der EU wurden damit nur scheinbar überwunden. Die jetzige Einigung zeigt ihr gemeinsames reaktionäres Wesen. Die europäischen Teile des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals haben kein Interesse daran, dass sich die EU-Länder gegenseitig abschotten - weil dies den freien Waren- und Kapitalverkehr massiv behindern würde. Ganz in diesem Sinne heißt es in einem gemeinsamen Appell der Unternehmerverbände BDI, BDA, DIHK und ZDH: "Was wir jetzt brauchen, ist eine stabile und entschlossene Regierung, die konstruktiv, lösungsorientiert und besonnen mit ihren europäischen Partnern zusammenarbeitet."

 

Nach der Einigung in Brüssel gibt es zwei Möglichkeiten für den Ausgang der offenen Regierungskrise in Berlin: Entweder einigen sich auch die Koalitionspartner auf ein gemeinsames Krisenmanagement zur Durchsetzung äußerst reaktionärer Maßnahmen oder die Große Koalition platzt und es kommt zu einer neuen reaktionären Koalition. Das kann bis zum Rücktritt von Merkel und von Neuwahlen gehen.

Breiter Zusammenschluss der Kräfte gegen die Rechtsentwicklung

Die große Mehrheit der Menschen in den EU-Ländern lehnt diese Rechtsentwicklung ab. Der erfolgreiche Kampf dagegen erfordert auch im länderübergreifenden Maßstab den breiten Zusammenschluss aller demokratischen, antifaschistischen, internationalistischen und revolutionären Kräfte. Das werden die Mitgliedsorganisationen der revolutionären Weltorganisation ICOR mit aller Kraft fördern.

 

Mehr dazu im Titelthema des nächsten Woche erscheinenden Rote Fahne Magazins "Offene Krise der Regierung - was steckt dahinter?"