Internationales Seminar
Beeindruckender Erfolg der solidarischen Streitkultur
"Ein fröhlicher und revolutionärer Tag. Ich freue mich, hier zu sein", so begann ein Teilnehmer aus Sri Lanka seinen Beitrag am letzten Tag des ICOR-Seminars zu 100 Jahre Oktoberrevolution.
Ähnliche Gefühle teilten mit Sicherheit die allermeisten der anderen rund 1.050 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars in Bottrop. Viele von ihnen hatten am Abend zuvor zusammen mit anderen Besuchern aus Nah und Fern ein begeistertes internationales Kulturfest in Gelsenkirchen erlebt.
In Kürze:
- Über 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatte das Internationale Seminar zu 100 Jahre Oktoberrevolution in Bottrop
- Begeisterndes internationales Kulturfest mit Rede der MLPD-Vorsitzenden Gabi Fechtner und tollen Kulturbeiträgen
- Breites Spektrum schöpferischer, kenntnisreicher und optimistischer Beiträge auch am letzten Seminartag
Die MLPD-Vorsitzende Gabi Fechtner ließ in ihrer Rede die Erfahrungen der Revolution von 1917 eindrucksvoll lebendig werden: Das erhebende Gefühl der Massen, sich erstmals in der Menschheitsgeschichte von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung zu befreien; die großartigen Fortschritte und Errungenschaften, die die Revolution den Arbeitern und Bauern vom ersten Tag an brachte; aber auch den schwierigen, aufopferungsvollen Kampf zu ihrer Verteidigung in folgenden Jahrzehnten.
Grüße von allen vertretenen Kontinenten
Ein roter Faden ihrer Rede waren die Lehren, die daraus wie auch aus der revisionistischen Entartung der Sowjetunion für die heutigen Aufgaben der Revolutionäre zu ziehen sind. Dabei positionierte sich Gabi Fechtner zu wichtigen Fragen im Kampf um die Denkweise über die heutige gesellschaftliche Entwicklung. So zur gesellschaftlichen Polarisierung oder zur Auseinandersetzung um die Vereinigung der revolutionären Potenziale in Deutschland - auf Grundlage der Erfahrungen der Bündnispolitik in Russland, die die Oktoberrevolution erst ermöglichte.
Vertreter der revolutionären Weltorganisation ICOR aus Lateinamerika, Afrika, Asien und Europa richteten ebenso Grüße an die Besucher wie Vertreter des ILPS (International League of Peoples Struggle) und der argentinischen PCR.
"100 Gründe, die revolutionäre Bewegung vorwärtszubringen"
ICOR-Hauptkoordinatorin Monika Gärtner-Engel fasste den Erfolg der ersten Tage des Seminars zur Oktoberrevolution zusammen. Sie betonte dabei besonders die Bedeutung der Entwicklung von gegenseitigem Vertrauen - und der Gewissheit, dass sich die Revolutionäre der Welt aufeinander verlassen können: "100 Jahre Oktoberrevolution sind 100 gute Gründe, die revolutionäre Bewegung vorwärtszubringen."
Plötzlich füllte sich die Tribüne mit Frauen aus aller Welt. Sie ließen die historischen Höhepunkte des Kampfs um die Befreiung der Befreiung der Frau bis zur gegenwärtigen Vorbereitung der dritten Weltfrauenkonferenz an den Augen und Ohren des Publikums vorbeiziehen.
Sprühende Revue zur Oktoberrevolution
Es folgte eine sprühende kulturelle Revue zur Geschichte vor, während und nach der Oktoberrevolution - eine gelungene Kombination aus Sequenzen bekannter Bühnenstücke wie "Die Mutter", neuer Theaterbeiträge, bekannter Revolutionslieder und Filmszenen. So wurde der ganze Saal auf einmal zum Schauplatz des "Sturms auf das Winterpalais" - durch eine Massenszene, die vor allem der Jugendverband REBELL trug. Aufgeführt wurde die Revue von einem großen Team aus professionellen Schauspielern, Rebellen, Rotfüchsen und Ruhrchor.
Zum Schluss kamen noch mal alle internationalen Seminarteilnehmer zum gemeinsamen Singen der "Internationale" auf der Tribüne zusammen, bevor der Abend mit weiteren Tanz- und Musikbeiträgen ausklang. Sie wiederspiegelten ebenfalls die internationale Verbundenheit und Solidarität: eine palästinensische Tanzgruppe und die türkische revolutionäre Band "Umuda Haykiris".
Letzter Seminartag weiterer Höhepunkt
Der heutige Seminartag war zweifellos ein weiterer Höhepunkt des Seminars zu 100 Jahre Oktoberrevolution - mit einem breiten Spektrum schöpferischer, kenntnisreicher und optimistischer Beiträge sowie einer einigenden Diskussion, in der sich die Teilnehmer aber auch über Meinungsverschiedenheiten kritisch-selbstkritisch auseinandersetzten.
Da sprach eine Ford-Arbeiterin zur Frage, wie die Arbeiter mit Illusionen sowohl in den vermeintlich gemäßigteren deutschen Imperialismus als auch in den türkischen Imperialismus fertig werden können, der massiven Einfluss auf einen Teil der türkischen Migranten in Deutschland ausübt. Eine Teilnehmerin aus Herne trug eine mit Flüchtlingen aus Aleppo gemeinsam erstellte Auswertung ihrer Erfahrungen mit der Aufstandsbewegung und dem Krieg in Syrien vor.
VW-Arbeiter und Vertreter der Arbeiterplattform des Internationalistischen Bündnisses aus Braunschweig sprachen zu ihren erfolgreichen Erfahrungen im Kampf gegen die Abwälzung der Folgen der VW-Krise und gegen die sozialchauvinistischen Versuche des Konzerns und der rechten Betriebsratsspitze, die Belegschaften dafür zu gewinnen.
Beeindruckender Wunsch nach Einheit
Vertreter verschiedener revolutionärer Organisationen aus Frankreich werteten ihre Erfahrungen mit der schädlichen Zersplitterung der revolutionären Kräfte in ihrem Land aus und zogen Schlussfolgerungen für den notwendigen Vereinheitlichungsprozess.
Dazu eine Teilnehmerin aus Frankreich im Gespräch mit Rote Fahne News: "Es ist umwerfend. Dieser starke Wunsch nach Einheit und wie sich alle an einer gleichberechtigten Diskussion beteiligen. Das ist ein sehr großer Schritt vorwärts. Aus Frankreich sind wir mit vier Organisationen da, wir bekommen hier eine Anleitung für die Auseinandersetzung um Zusammenarbeit und Einheit."
Vorwärtsgerichtete Schlussfolgerungen
Einen Schwerpunkt bildeten Beiträge unter anderem zur Bauernfrage, zur gewachsenen Bedeutung des Umweltkampfs, zur großen Rolle des Kampfs um die Befreiung der Frau sowie zu den Aufgaben beim Aufbau revolutionärer Jugendverbände. Der 14-jährige Luca hielt dazu den kürzesten Beitrag des Tages: "Die Jugendarbeit hat in der Sowjetunion eine wichtige Rolle gespielt. Wir brauchen in Deutschland und auf der ganzen Welt solche Jugendverbände. Hoch die internationale Solidarität!"
In der Diskussion über die Schlussfolgerungen aus der russischen Oktoberrevolution stand die Dialektik zwischen revolutionärem Parteiaufbau in allen Länder, dem internationalen Zusammenschluss der Revolutionäre zur Vorbereitung der internationalen Revolution und einer breiten Einheitsfrontpolitik im Mittelpunkt. Unter anderem wurde der Vorschlag des Aufbaus einer breiten internationalen antiimperialistischen und antifaschistischen Einheitsfront diskutiert.
Spannende Diskussion über zukünftigen Charakter der Revolution
Eine wichtige Auseinandersetzung gab es noch mal um die Frage, ob es auch in Zukunft möglich bzw. notwendig sein wird, den Sozialismus in einem Land aufzubauen. Angesichts der heutigen Internationalisierung der kapitalistischen Produktionsweise und des Klassenkampfs wird auch die sozialistische Revolution internationalen Charakter annehmen - in der Form eines von Land zu Land unterschiedlichen, aber sich gegenseitig beeinflussenden Prozesses. Darüber brachte das Seminar wachsende Einigkeit.
Aber auch dazu, dass der Aufbau des Sozialismus in einem Land unter bestimmten Bedingungen durchaus notwendig sein kann. Kritisiert wurde allerdings der Versuch, daraus eine strategische Konzeption abzuleiten. Auch in der Sowjetunion musste dieser Weg notgedrungen gewählt werden, weil Revolutionen in anderen Ländern ausblieben oder Niederlagen erlitten.
Gute Beiträge, wo man von dem jeweiligen Land etwas erfuhr, von der Analyse der dortigen Marxisten-Leninisten
Teilnehmer aus Leipzig
Dazu ein Teilnehmer gegenüber Rote Fahne News: "Der Beitrag von Stefan Engel dazu war dringend notwendig. Er polemisierte gegen den Standpunkt, den Aufbau des Sozialismus in einem Land zum Prinzip zu erheben. Das war nicht der Standpunkt von Lenin. Die Sowjetunion hat ja auch den sozialistischen Aufbau verbunden mit einer internationalistischen Arbeit und dem Aufbau der Komintern.
Gut war, wie Stefan Engel entwickelt hat, dass der Aufbau des Sozialismus in nur einem Land die Sowjetunion immer wieder zu Kompromissen gezwungen hat, zur Verteidigung der Sowjetmacht unter allen Umständen. Und dass diese Zugeständnisse auch den Boden bereitet haben für das Erstarken der neuen Bourgeoisie und die Restauration des Kapitalismus. Sehr beeindruckend fand ich seine Ausführungen zum Freiheitsideal des Kommunismus."
Neue Anforderungen durch die Analyse der MLPD zur Herausbildung neuimperialistischer Länder
Ein Teilnehmer aus Leipzig betonte: "Die Beiträge waren sehr gut, wo man von dem jeweiligen Land etwas erfuhr, von der Analyse der dortigen Marxisten-Leninisten. Wie sie den Massen helfen, mit der Wirkung des Revisionismus fertig zu werden, und wenn die Beiträge eine klare Positionierung und Schlussfolgerungen für die Vorbereitung der internationalen Revolution enthielten."
Eine weitere Teilnehmerin ergänzte: "Ich war erstaunt, wie stark sich Widersprüche gegen die Analyse der MLPD über die Entwicklung neuimperialistischer Länder entwickeln. Mir ist erst jetzt klar geworden, dass die Anerkennung dieser Analyse für die Revolutionäre in diesen Ländern hohe Anforderungen stellt. Sie müssen das selbst analysieren und gegen die eigene Monopolbourgeoisie kämpfen. Das ist eine große Umstellung."
Zwei Resolutionen verabschiedet
Am Schluss wurden eine Resolution zur Solidarität mit den in München angeklagten türkischen Revolutionären und eine Schlussresolution gemeinsam verabschiedet. In der Schlussresolution, deren vollständiger Text in den nächsten Tagen veröffentlicht wird, heißt es unter anderem:
"In immer mehr revolutionären Organisationen und Parteien verbreitet sich die Einsicht von der Notwendigkeit, sich international über die dringendsten theoretischen Fragen zu vereinheitlichen, wenn eine dem Imperialismus überlegene Kraft aufgebaut werden soll. In vielfältigen Beiträgen wurden die Anstrengungen deutlich um die richtige Aneignung und Anwendung des Marxismus-Leninismus auf die heutige Zeit, die unterschiedlichen Bedingungen in den einzelnen Ländern und das Bemühen, die Kettenglieder für das Vorankommen der revolutionären Bewegung aufzufinden. ...
"Solidarische Streitkultur prägend"
Bei allen noch vorhandenen Meinungsverschiedenheiten, unterschiedlicher Geschichte und unterschiedlichem Entwicklungsstand der beteiligten Organisationen und Parteien war eine sachliche, respektvolle und solidarische Streitkultur prägend. ...
Unter allen Schlussfolgerungen, die im Verlaufe des Seminars zur Sprache kamen, ist die notwendige Stärkung des subjektiven Faktors, ist der Aufbau starker, theoretisch klarer, unter der Arbeiterklasse und den breiten Massen verankerter revolutionärer Parteien und die systematische Hebung des Bewusstseins der Massen die allerwichtigste. Sie ist untrennbar verbunden mit dem Ausbau der internationalen Zusammenarbeit.
Es lebe die Oktoberrevolution! Vorwärts mit der Einheit der internationalen marxistisch-leninistischen, revolutionären und Arbeiterbewegung! Vorwärts zur internationalen sozialistischen Revolution! Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker - vereinigt euch!"