Umwelt
Weltklimakonferenz endet im Desaster - internationaler Widerstand formiert sich
19.12.09 - Das Abschlussplenum der Weltklimakonferenz endete heute mit wütenden Protesten und Anklagen abhängiger Länder gegen das imperialistische Diktat, das ihnen aufgezwungen werden sollte. In nächtlicher Sitzung hatte sich ein exklusiver Club von 25 Staats- und Regierungschefs unter Führung der G20-Staaten sowie unter Ausschluss der Mehrheit der vertretenen 193 Staaten auf eine völlig unverbindliche Deklaration geeinigt. Ihre Erklärung, die gestern Abend in den Medien noch als "Rettung in letzter Minute" verkauft wurde, beteuert lediglich die bereits inakzeptable Begrenzung des Anstiegs der Durchschnittstemperatur in der Welt auf zwei Grad. Sie enthält keinerlei verbindliche Festlegungen über die weitere Reduzierung des Ausstoßes klimaschädlicher Gase noch irgendwelche Kontrollmechanismen.
Die Delegierte Venezuelas und der bolivianische Delegierte sprachen von einer "diktatorischen" Weise, wie den Delegierten das Papier zur Abstimmung präsentiert worden sei. Ähnlich äußerten sich Kuba und Nicaragua. Der Delegierte aus dem Sudan erklärte, die Zwei-Grad-Grenze sei der sichere Tod für Millionen Afrikaner und warf dem dänischen Konferenzleiter Lars Rasmussen vor, einseitig im Sinne der reichen Länder gehandelt zu haben. Ian Fry vom pazifischen Inselstaat Tuvalu klagte mit bebender Stimme die den "Entwicklungsländern" angebotenen Summen an: "Es sieht so aus, als würden uns 30 Silberlinge angeboten, um unser Volk und unsere Zukunft zu verraten. Doch unsere Zukunft steht nicht zum Verkauf."
Auf eine Abstimmung über das vorgelegte Papier auf dem Abschlussplenum wurde verzichtet, nachdem zahlreiche neokolonial abhängige Länder ihre Ablehnung erklärt hatten. Der dänische Ministerpräsident Rasmussen hatte daraufhin die Konferenzleitung nieder gelegt. Der desaströse Ausgang der Weltklimakonferenz, an der über 10.000 Delegierte fast zwei Wochen lang teilnahmen, unterstreicht die Unfähigkeit der führenden imperialistischen und kapitalistischen Länder zur Rettung der Welt vor der drohenden Klimakatastrophe.
Kopenhagen mahnt vielmehr, dass die internationalen Monopole aus reiner Profitgier diese Klimakatastrophe in Kauf nehmen. Vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise ist die Konkurrenz zwischen ihnen und den führenden imperialistischen Ländern wieder verstärkt in den Vordergrund getreten. Es ist bezeichnend, dass die EU-Länder sich weigerten, irgendwelche weiter gehenden Zugeständnisse zu machen, bevor nicht andere Länder in Vorleistung treten - nur um keinesfalls einen Konkurrenznachteil zu erleiden. Der vor Ort anwesende umweltpolitische Sprecher der MLPD, Dr. Günther Bittel, berichtet von gänzlich anderen Perspektiven der in Kopenhagen demonstrierenden Umweltschützer:
"Gestern Abend ging das 'Klimaforum 09' mit einer begeisternden Abschlussveranstaltung zu Ende, insgesamt haben 15.000 Menschen aus aller Welt daran teilgenommen, Indios vom Amazonas und aus den Anden, Atomopfer aus Russland, Gewerkschafter aus England und Lateinamerika, Umweltorganisationen aus aller Welt, um nur einige Beispiele zu nennen. Vom christlichen Umweltschützer bis zu Vertretern einer revolutionären Umgestaltung der Welt entwickelte sich ein schöpferischer Erfahrungsaustausch und eine tiefe Verbundenheit.
Das Klimaforum erledigte das, wozu die herrschenden Regierungen nicht in der Lage waren, und verabschiedete eine Deklaration, die alle wesentlichen Maßnahmen für die Rettung des Klimas vor der Profitgier beinhaltet und die Umwandlung zu erneuerbaren Energien und nachhaltiger Wirtschaft fordert. Zwei Minuten bekamen die Vertreter des Klimaforums gestern, um diese Erklärung im Bella-Center dem Plenum der Weltklimakonferenz zu übergeben, unter dem Applaus zahlreicher Delegationen. Einige Länder beginnen sich bereits, dieser Deklaration anzuschließen.
Nachdem vorher Tausende Jugendliche aus aller Welt im Freien mit Fackeln in großen Leuchtbuchstaben das Wort 'Climate Shame' (Klimaschande) als ihre Bewertung der UNO-Konferenz gebildet hatten, wurde bei der Abschlussveranstaltung in einer tollen und mitreißenden Stimmung der Kampfwille und die Entschlossenheit deutlich, jetzt selbst das weitere Geschehen in die Hand zu nehmen.
'We are the people', wir sind das Volk, wurde von Rednern und Teilnehmern gerufen, und nachdem die anwesenden Vertreter aus den Ländern Amerikas auf die Bühne gebeten wurden (die nächste Weltklimakonferenz findet in Mexiko City statt) wurde lange 'El pueblo unido jamas sera vencido' ('Das einige Volk kann man nicht besiegen') gerufen. Das Ziel ist eine Millionendemonstration in der 20-Millionen-Einwohner-Metropole Mexiko City in einem Jahr, dort wird dann auch das Klimaforum 2010 stattfinden.
Vor allem schworen sich aber die Teilnehmer, in ihre Länder und ihre Organisationen zurückzukehren und eine internationale Umweltbewegung zu formieren, die ihre Aktivitäten koordiniert, sich austauscht und unterstützt und die die Sache selbst in die Hand nimmt, weil die Herrschenden unfähig sind, sie zu lösen. Dass dies viel Kraft und Energie kosten wird und auch gegen Unterdrückung und Kriminalisierung der Bewegung durchgesetzt werden muss, haben in Kopenhagen Tausende begriffen. So wird auch der Kampf gegen die Kriminalisierung der immer noch im Gefängnis sitzenden Demonstranten und Sprecher der 'Climate Justice Action' nicht nur in Dänemark weitergehen!"